BeBuilder #211
September 8, 2023Landärztin meets Fargo. An der idyllischen Oberfläche eine klassische Arztserie im Vorabendprogramm, darunter ein abgründiger Drogen Thriller mit morbiden Genreelementen.
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Logline: Eine junge Hausärztin übernimmt eine Landarztpraxis in der schwäbischen Provinz, doch viele Patientinnen ihres Vorgängers sind Tablettenabhängig. Als die neue Landärztin radikal die Dosen kürzt, rutschen ihre Patientinnen in den kalten Entzug und die junge Ärztin wird zur Protagonistin in einem erbarmungslosen Drogenthriller.
Eine Serie zum vergnüglichen Binge-Watching mit überraschenden Wendungen, ikonischen Höhepunkten und einem hoch relevanten Thema, indem nonchalant die schwäbische Idylle und weibliche Rollenbilder aufbrechen.
SYNOPSIS: Zahra Hamidi hatte eine turbulente Jugend, doch sie hat die Kurve gekriegt. Über das Programm „Landarztquote“ der Landesregierung konnte Zahra sich ihren Lebensraum erfüllen und bekam einen Studienplatz in der Humanmedizin. Im Gegenzug hat sich Dr. Zahra Hamidi vertraglich verpflichtet, mindestens 10 Jahre in einem unterversorgten Gebiet als Hausärztin tätig zu sein. Zahra Hamidi hat einen Bankkredit aufgenommen, um eine alteingesessene Landarztpraxis in Engelhaim zu übernehmen. Ursprünglich war geplant, dass sie für ein Quartal die Praxis gemeinsam mit dem bisherigen Landarzt führt, doch dieser liegt mit Schlaganfall auf der Intensivstation und plötzlich muss alles ganz schnell gehen.
Engelhaim ist eine kleine Gemeinde im südlichen Schwarzwald zwischen Titisees und Dachsberg. Das weitläufige Einzugsgebiet von Dr. Hamidis Landarztpraxis sind 20 Kilometer. Das Dorfleben im malerischen Schwarzwald scheint auf dem ersten Blick in Takt. Die Menschen hier sind im besten Sinne bodenständig und heimatverbunden – im negativen Sinne engstirnig und seit je her argwöhnisch gegenüber Fremden. Doch alle hier wissen, dass sie die junge Ärztin mit syrischen Wurzeln brauchen. Der akute Ärzte Mangel ist hier im Süd-Schwarzwald harte Realität und der Weg zur nächsten Hausarztpraxis ist weit – wenn ein Engelhaimer im Nachbarkreis überhaupt einen Termin bekommt. Mit den umliegenden Landkreisen haben sich die Engelhaimer über Generationen in kleingeistigen Fehden verhakt, die längst identitätsstiftende Tradition geworden sind.
Die langjährige Praxismanagerin begrüßt die neue Chefin freundlich, doch schon am ersten Arbeitstag spürt Dr. Zahra Hamidi den Widerstand ihrer Angestellten gegen Veränderungen, sei es im organisatorischen Ablauf oder in Zahras Vorstellungen, die altbackene Praxis auch räumlich zu ihrer Traumpraxis zu machen. Zahra Hamidi hat sich vorgenommen die laufenden Therapien ihres Vorgängers vorerst weiter zu führen, doch schon in der ersten Sprechstunde stellen sich ungewöhnlich viele Patientinnen vor, denen der alte Landarzt über Jahre Medikamente mit hohem Suchtpotential verschrieben hat. Opiate für eine drahtige Dachdeckerin mit chronischen Rückenschmerzen. Synthetische Amphetamine für eine alleinerziehende Grundschullehrerin, die seit ihrer Jugend mit einer ADHS Diagnose lebt. Eine 17-jährige Schülerin bekommt nach einer diagnostizierten Boderline Störung regelmäßig Tranquilizer verschrieben und eine Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes in eine depressive Episode rutschte, nimmt täglich eine beachtliche Dosis Benzodiazepine. Die Patientinnen kommen aus allen Schichten der Dorfgemeinschaft und die Medikamente helfen ihnen im Alltag zu funktionieren, doch die Anzeichen einer Abhängigkeit sind offensichtlich. Durch den plötzlichen Ausfall des alten Landarztes warten viele seit Tagen auf ihr Rezept und zeigen Entzugserscheinungen. Dr. Hamidis Versuche das Suchtpotential der Medikamente anzusprechen, werden schroff abgewehrt oder mit leeren Versprechungen beiseitegeschoben – alle wollen nur ihr Rezept. Auffällig ist die hohe Frauen Quote.
Zahra Hamidi versteht, Frauen wollen funktionieren, auch wenn es ihnen schlecht geht. Sie möchten etwas nehmen, dass nicht auffällt und wenn, können sie immer sagen: „Der Arzt hat es mir verschrieben“. Die Praxismanagerin relativiert, die Männer hätten ihr Viertele oder die dritte Halbe. Sie kenne die meisten der Patientinnen persönlich, viele von ihnen seien hochrespektable Gemeindemitglieder und das Rückgrat von Engelhaim, wie die Frau des Bürgermeisters. Am Ende schade die Sauferei mehr, als eine medikamentöse Therapie unter ärztlicher Aufsicht.
Zahra Hamidi nötigt ihre Praxismanagerin die analoge Patientenkartei der Praxis systematisch durchzuarbeiten und sie stößt auf Dutzende Patientinnen, denen ihr Vorgänger langfristig Benzodiazepine, Opiate und Amphetamine verschrieb. Das Muster ist immer gleich, nach einer gewissen Zeit stellen sich Gewöhnungseffekte ein, die mit einer Erhöhung der Dosis behandelt wurden. Nachdem der vorbildlichen Schülerin vor Jahren in der Jugendpsychiatrie eine Bordeline Störung diagnostiziert wurde, führte der alte Landarzt die medikamentöse Behandlung nach eigenem Ermessen weiter und steigerte die Dosis von einer halben Tablette auf mittlerweile 3 Tavor am Tag – die Maximaldosis für Erwachsene. Selbst die Dorfpolizistin in Teilzeit wird seit Jahren mit Benzodiazepinen behandelt, wegen einer beruflichen Posttraumatische Belastungsstörung. Während die Praxismanagerin die Integrität der Polizisten verteidigt, macht Dr. Hamidi sich Sorgen, die Patientin nimmt täglich 10mg Benzodiazepin und trägt die Hälfte der Zeit eine scharfe Schusswaffe.
Dr. Sarah Hamidi ist in dem abgelegenen Landstrich auch als Notärztin tätigt. Bei ihrem ersten Noteinsatz, kann die Ärztin nur noch den Totenschein ausstellen. Als Todesursache kreuzt sie „natürlich“ an. Die Frau des Bürgermeisters litt unter einem chronischen Magengeschwür, dass im frühen Stadium mit einer konsequenten Ernährungsumstellung und verträglichen Beta-Blockern gut behandelbar gewesen wäre. Unbehandelt kann ein ulcus ventriculi zu einem Magendurchbruch führen und zum qualvollen Tod. Zurück in der Praxis erkennt Dr. Hamidi in der Patientenkartei, dass ihr Vorgänger der Toten über Jahre Opiate gegen chronische Magenschmerzen verschrieb. Bekannte Nebenwirkung einer langjährigen oralen Opiattherapie sind Nierenschäden und Magengeschwüre! Für Zahra Hamidi ist klar – dass war kein natürlicher Tod, sondern ein vermeidbarer Kunstfehler. Dr. Zahra Hamidi stellt den hiesigen Apotheker zur Rede, doch dieser weist jede Verantwortung von sich, solange ein ärztliches Rezept vorliege, gehe alles mit rechten Dingen zu. Dr. Hamidi will den Totenschein nachträglich ändern und eine Obduktion des Leichnams in Freiburg anordnen, doch die Dorfpolizistin hat kein Verständnis dafür, die Verstorbene war über 70 und der Herr Doktor liegt im Koma auf der Intensiv – alles andere sei nachtreten.
Dr. Hamidi trifft eine folgenschwere Entscheidung. Die junge Ärztin kann es mit ihrem Hippokratischen Eid nicht mehr vereinbaren, die Verschreibungspraxis ihres Vorgängers weiter zu führen. Dr. Hamidi reduziert die Dosis ihrer Patientinnen radikal, stellt Rezepte nur noch für wenige Tagesrationen aus und ermutigt ihre Patientinnen, sich auf eine ambulante Entzugstherapie in ihrer Praxis ihr einzulassen.
Dr. Hamidi widersteht dem Druck, der Wut und der Angst ihrer Patientinnen, doch sie unterschätzt die medizinischen Folgen einer radikalen Kürzung der Dosierungen. Die Patientinnen rutschen in den kalten Entzug. Es kommt zur Wirkumkehr, einer Verstärkung der Symptome, gegen die das Medikament ursprünglich verschrieben wurde. Einige Patientinnen versuchen die reduzierte Dosis mit dem Mischkonsum von Alkohol zu kompensieren. Im Dorf häufen sich Zwischenfällt, die Grundschullehrerin erscheint betrunken im Unterricht. Auf einem Kindergeburtstag eskaliert ein Nachbarschaftskonflikt und in der Dorfapotheke erscheint die Schülerin und erfolgreiche Cheerleaderin mit einem Messer und forderte ihre Medizin – ihre Unterarme von Selbstverletzungen Blut überströmt.
Dr. Hamidi muss sich schmerzlich eingestehen, dass ihre radikale Reduktion der täglichen Dosis ein schwerer Fehler war. Insbesondere beim Entzug von Opiaten und Benzodiazepinen darf die Dosis nur in kleinen Schritten reduziert werden. Dr. Hamidi beschließt die Therapie ihrer Patientinnen neu aufzustellen, doch mittlerweile kommen immer weniger Patienten in ihre Praxis. Hinter vor gehaltener Hand geben viele Engelhaimer der neuen Landärztin die Verantwortung dafür, dass die Frauen im Dorf nicht mehr „funktionieren“. Ein alter Zeitungsartikel taucht auf, der Zahra Hamidi selbst als Jugendliche in Verbindung mit einer Körperverletzung unter Drogeneinfluss bringt. Zahra Hamidi steht wirtschaftlich unter Druck, die Praxis braucht Einnahmen, um den Bankkredit zu bedienen und bei einem Ausstieg aus dem „Landarztprogramm“ droht ihr eine Vertragsstrafe von 250.000 Euro.
Dr. Hamidi macht unangekündigte Hausbesuche und stellt eine wundersame Heilung fest. Ihre Patientinnen behaupten, sie kämen mittlerweile ohne ihre Pillen zurecht, im Gegenteil, ohne Tabletten gehe es ihnen viel besser. Dr. Zahra Hamidi glaubt nicht an ein medizinisches Wunder und nachdem sie zu einer Überdosis gerufen wird, sieht Dr. Hamidi ihren Verdacht bestätigt. Im Nachtschrank der einst vorbildlichen Schülerin entdeckt Zahra Hamidi mehrere Tabletten Blister mit chinesischen Schriftzeichen. Zahra Hamidi beginnt zu verstehen, die Medikamente stammen aus dem Dark Net und kommen über den Postweg in die Gemeinde.
Zahra Hamidi kämpft um das wirtschaftliche Überleben ihrer Praxis, den Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit und um das Wohl ihrer Patientinnen. Die junge Ärztin will ihre Patientinnen aus der Abhängigkeit befreien, doch Sucht ist ein lukratives Geschäft. Zahra Hamidi gerät in einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf um eine zahlungskräftige und nimmersatte Kundschaft aus Süchtigen. Als die Dorfpolizistin Dr. Hamidis Hinweise nicht ernst nimmt und die Ermittlungen schamlos verschleppt, hat die Landärztin einen Verdacht, wer in Engelhaim ihren Platz als „Dealer“ eingenommen hat.
Engelhaim-MiniSerie-Expose